Missglückte Operation: Witwe erhält EUR 40.000 für Schockschaden und Trauerschmerzengeld

Trauer um einen geliebten Menschen lässt sich nicht in Geld bemessen und über finanzielle Zuwendungen auch nicht abmildern.

Eine objektive Aufklärung der Todesursachen und in bestimmten Fällen der Zuspruch von Schadenersatz durch unabhängige Richter*innen trägt dennoch sehr wesentlich zur gesellschaftlichen Befriedung bei.

Für trauernde Hinterbliebene ist der Weg zu Gericht natürlich besonders herausfordernd und liegt nicht selten im Widerstreit zum Wunsch, wenigstens in rechtlicher Hinsicht unbehelligt zu bleiben.

Allerdings kann ein Todesfall durchaus die wirtschaftliche Existenz einer Familie ins Wanken bringen, weil beispielsweise ein Einkommen entfällt und die betroffenen Partner*innen allein wegen der psychischen Belastung nicht mehr (ausreichend) in der Lage sind, ihren Beruf in bisher gewohnter Weise auszuüben.

Umso begrüßenswerter ist die zunehmend hinterbliebenenfreundliche Judikatur des Obersten Gerichtshofs, der erst kürzlich einer Witwe Schadenersatz in Höhe von € 40.000 zuerkannt hat für Schockschaden und Trauerschmerzengeld, nachdem ihr Ehegatte in Folge einer missglückten Operation verstorben war.

Dieser Entscheidung OGH 28.01.2021, 8 Ob 98/20z, Zak 2021/242, 138, lag (stark verkürzt) folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Ehemann der Klägerin verstarb am 17.03.2016 in Folge eines massiven Blutverlustschocks nach einer am 16.03.2016 ursprünglich sach- und fachgerecht durchgeführten laparoskopischen Blinddarmoperation in einem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus.

Nach postoperativen Nachblutungen wartete allerdings der mit der Operation befasste Arzt trotz akuter Lebensgefahr mit einem weiteren Eingriff bis zum Vorliegen eines Ultraschallbefundes des Internisten zu.

Diese vermeidbare Verzögerung von rund 60 bis 75 Minuten führte schließlich zum Tod des Patienten.

In einem Strafverfahren wurde der Operateur wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 Abs 1 StGB für schuldig erkannt, unter anderem weil er die an sich dringend gebotene Revisionsoperation fehlerhaft verzögert durchgeführt hatte.

Bei der Klägerin kam es durch den Tod ihres Ehemanns, mit dem sie bereits seit Schulzeiten eine außergewöhnlich starke, innige Beziehung führte, neben einem hohen Maß an Verbitterung und traumaspezifischen Symptomen, wie sich aufdrängender Bilder auf der Intensivstation, zu einer lang andauernden belastungsabhängigen Störung mit Symptomen einer Depression. Sie absolvierte zwei psychotherapeutische Behandlungen und nahm einige Zeit nach dem Ableben ihres Ehemanns auch Psychopharmaka zu sich, die sie in der Folge aus Furcht vor Nebenwirkungen absetzte. Eine Änderung dieser Symptomatik konnte nicht herbeigeführt werden.

In Folge des vorliegend grob fahrlässigen Behandlungsfehlers sah der Oberste Gerichtshof für den von der Witwe erlittenen Trauerschmerz einen Zuspruch von € 40.000 als gerechtfertigt an.




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