Ausgedinge und Leibrenten können Unterhaltsanspruch reduzieren!
Es kommt nicht selten vor, dass im Zuge der Übergabe von Betrieben und Immobilien an „die nächste Generation“ zwar ein bekömmliches Auskommen der Übergeber sichergestellt wird durch eine Reihe von Ausgedingeleistungen, Wohnungsgebrauchs-, Fruchtgenuss-, Leibrenten- und sonstigen Rechten, hingegen auf die Auswirkungen derartiger Arrangements auf (oft erst später überhaupt entstehende) Unterhaltsansprüche kein besonderes Augenmerk gelegt wird.
Das kann – je nach Perspektive – (un-)angenehme Folgen mit sich bringen, wie die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 07.04.2020, 4 Ob 45/20a, Zak 2020/420, eindrucksvoll aufzeigt.
Im Dezember 2000 übergaben die väterlichen Großeltern dem Vater deren Liegenschaft samt Wohnhaus. Im Übergabsvertrag haben sie sich diverse Wohn- und Versorgungsrechte vorbehalten, die als Reallast des Ausgedinges grundbücherlich sichergestellt wurden.
Nach dem Tod des Großvaters verpflichtete sich der Vater gegenüber seiner Mutter zu monatlichen Zahlungen von „Miete“ und Heizkosten. Die beiden vereinbarten gleichzeitig die Löschung der aufgrund des Übergabsvertrags einverleibten Belastungen und anstelle dessen die grundbücherliche Einverleibung einer Reallast der Mietzins- und Heizkostenrente.
Der Übernehmer ist für seine 17 jährige Tochter geldunterhaltspflichtig. Die von ihr begehrte Erhöhung verweigerte er unter anderem deshalb, weil von seinem Einkommen, also der Unterhaltsbemessungsgrundlage, die von ihm an seine Mutter zu leistenden monatlichen Leistungen aus der Reallast abzuziehen seien.
Mit dieser Argumentation blieb er zwar in allen drei Instanzen erfolglos, weil die einem Übergabsvertrag zugrundeliegenden Leibrentenzahlungen oder Ausgedingeleistungen üblicherweise (nur) der Vermögensbildung des Übernehmers (im gegenständlichen Fall dem Erhalt von Vermögen aus einer vorweggenommenen Erbteilung) dienen und daher grundsätzlich keine Abzugspost von der Unterhaltsbemessungsgrundlage bilden.
Auch werde in der Rechtsprechung nicht danach unterschieden, ob es sich um Geld- oder Naturalleistungen handelt. Für die Verneinung einer Abzugspost mache es deshalb keinen Unterschied, ob der unterhaltspflichtige Vater früher durch Ausgedingeleistungen und Leibrentenzahlungen oder – wie nunmehr – über Zahlungen aufgrund einer Reallast belastet ist.
Allerdings verwies der Oberste Gerichtshof in seinem Erkenntnis explizit darauf, dass anderes dann gelten würde, wenn der erfolgte Vermögenserwerb dem Übernehmer eine Existenzgrundlage (etwa bei der Übernahme eines Betriebs) verschafft, die ihm ein entsprechendes Einkommen erst ermöglicht und damit seinen Unterhalt sichert. Unter dieser Voraussetzung wären nämlich die von ihm zu erbringenden Leistungen mit einer Betriebsausgabe vergleichbar und folglich sehr wohl in der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen.
Dieser Hinweis zeigt, welch umfassende Erwägungen im Zuge der Planung und vertraglichen Gestaltung von Übergabsverträgen zweckmäßig und erforderlich sind.
Aber wer denkt schon bei Sonnenschein (der Übernahme des Familienvermögens) gerne an Regenwetter (spätere Unterhaltsverpflichtungen nach Ehescheidungen, Patchworkfamiliengründungen, Todes- oder sonstigen Unglücksfällen)?!
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Foto und Fotobearbeitung: Nina Gruber, © Copyright 2020